Two Bills: One Fate?
Nicht nur Bill Clintons Image hat während der Lustmolchermittlungen gelitten. Auch Bill
Gates Ruf im Global Village ist ramponiert.
Freilich auf andere Weise. Galt er zuvor als der alerte
All-American-Superboy, genießt er jetzt den Ruf, ein Software-Tycoon der übleren Sorte
zu sein. Ein Monopolist, ein fieser Kapitalist, hinter seinen "Es geht
voran-Sprüchen" wittern seine Feinde - Freunde gibts nicht mehr viele - nur noch
ungehemmten Kommerz. Bill meint, der Neid treibe seine Kritiker an die Front. Neider haben
ihm in der Tat - und auch im Wort - schon klebrige Sahnetorten ins Gesicht geworfen und
nicht nur amerikanische Kartellausschüsse belästigen ihn mit Fragen, die schlecht zu
beantworten sind. Selbst der Japaner, der an und für sich ein fröhlicher Gesell ist,
wenn es um ungeregelten Manchesterkapitalismus geht, spielt inzwischen nicht mehr mit.
Bill hat Bill-ion-Dollar-Problems. Aber die tibetanische Gebetsmühle der
Wirtschaftsordnungshüter "Ein Monopol ist ein Monopol ist ein Monopol...kann unseren
Wild Bill nicht erschüttern. Bill hat die Maxime des "American Way Of Life"
verinnerlicht, dass das Glück die Mittel heiligt.
Ohne Big Bill säßen wir heute noch an unserer
elektrischen IBM-Gugelhupf-Schreibmaschine. Ohne Bill würden wir heute noch VHS-Kurse
besuchen, um Programmiersprachen in Hieroglyphenschrift zu lernen. Gates hat mit seiner Mouse-Click-Philosophie für jeden Computeranalphabeten die Tore in
die "Smart World" weit geöffnet. Aber das Beste kommt erst: Bill ist kein
Monopolist. Ein Monopolist herrscht über alle Angebote in einer Branche. Würde nur noch
Johnny Walker (Der mit dem Slogan: "Der Tag krankt und J.W. wankt") Whiskey
anbieten, wäre er ein Monopolist. Würde Rupert "Moloch" Murdoch nur noch News
anbieten, wäre er ein Monopolist.
Ganz anders Bill Gates. Bill besitzt ein Betriebssystem.
Ein Betriebssystem verwaltet einen Computer, der sonst von seinen Usern verwaltet werden
müsste. Jeder User hat das verfassungsrechtlich verbriefte Bürgerrecht, seinen Computer
selbst zu betreiben. Ob er diese oder jene Computersprache entwickelt, ob er diese oder
jene Integration für seine Programme wählt, ist ihm vor Gott, den Menschen und auch Bill
freigestellt. Bills Problem ist, dass die User nur Bills Software wollen. Bill hat also
gar kein Monopol, sondern seine Käufer monopolisieren ihn! Alle wollen ihn, aber keiner
liebt ihn. Das hat er nicht verdient, auch wenn er viel verdient. Was kann Bill dafür,
dass seine Programme so gut sind? Was wäre, wenn Bill sein Betriebssystem zurückzieht
und wir wieder in die Computersteinzeit zurückkatapultiert würden? Das wäre macrohard -
oder wie die kids sagen würden: uncool. Zugegeben, es gibt auch andere Betriebssysteme.
Aber eben deshalb ist Free Billy im Ozean der Software-Wale kein Monopolist, sondern ein
großer Bruder, der seine kleinen Geschwister nicht im Gigabyte-Regen stehen lässt. Bill
will Euer Bestes. Dass das auch für ihn das Beste ist, kann ihm keiner verübeln. Alles
grüner Neid. 60 (oder sind es inzwischen 80) Milliarden Dollar Privatkapital ist zwar
selbst für den orgiastischen Märchensultan aus Brunei Geld. Aber Billy Boy prasst nicht
wie ein orientalischer Fürst, betreibt keine Wegwerf-Geliebten-Agentur, sondern meint es
nur gut mit der Menschheit. Er trägt keine britischen Maßgaloschen, seine Anzüge sehen
immer so aus, als seien sie von der krummen Stange, seine Brille hat er seit
High-School-Zeiten ausweislich ihrer Passform nicht mehr gewechselt, er kauft keine
Düsenjets wie Schwarzenegger, sondern steckt jeden Dollar in Eure Zukunft.
Wir gönnen ihm selbst den Kauf von Leonardos
Skizzenbuch - finden doch Genies auf dieser Welt immer kongenial zueinander. Zwar hat er
nicht verstanden, dass Aldous Huxleys "Schöne neue Welt" eine Satire ist, aber
das Leben ist kein Roman und vielleicht gewährt die Windowisierung der Welt ja doch den
Einzug ins Digitalparadies.
Neidet ihm nicht sein 50 Millionen Dollar-Smart-House am
Lake Washington. In Xanadu 2.0 wohnt Bill doch nur für Euch. Als freiwilliges
Versuchskaninchen im Dienst der Menschheit muss er sich mit digitalgesteuerten Tools
herumschlagen, während Ihr unbehelligt durchs Netz surft. Erst wenn der digitale
Staubsauger auf Bills Voice-Control gehorcht, werden wir in den Genuss von störungsfreien
Küchensoftgeräten kommen. "Mein Mixer gehört mir" können wir erst dann
sagen, wenn Bills Ehefrau Pretty Melinda ihre abendlichen Softdrinks zur neuen
Getränkenorm programmiert hat. Dieses Opfer für Wohl und Wehe der Menschheit hat einen
hohen Preis. Wer von Euch garantiert, dass Bill nicht die fröhlichen Zeiten eines analog
gesteuerten Toasters vermisst, als er noch selbst den Verkohlungsgrad bestimmen konnte. Ab
jetzt verkohlen ihn seine Programme, ab jetzt muss er sich ganz allein mit
Software-Zauberlehrlingen herumschlagen, die ihm seine Programmierer liefern und die
Chaplins "Moderne Zeiten" weit in den Schatten stellen. Bill sitzt in seinem
Dampfbad und er ist der Erste, dem die vaporware den Schweiß austreibt. Wenn Bill Gates
so weiter für uns rackert, sind wir fast versucht, ihn als den geistigen Sohn Mutter
Theresas im Computerzeitalter zu loben. Unser Vorschlag zur Güte: "Bill Dampf in
allen Gassen" von der Augsburger Puppenkiste mit Hängegarantie für alle
Kritikermarionetten und Demo-Freeware für alle Windows-Abwender mit dem Programm:
Digitale Heinzelmännchen von Mekka bis Medina...Da kommt die verdiente E-Mail: Bill Gates
lädt mich in sein Wunderhaus ein. Fortsetzung folgt...vielleicht...
Goedart Palm |