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Fastfood für den Vatikan

Beati pauperes spiritu, quia ipsorum est regnum coelorum
(Matth. 5, 3)

Vor der Jahrtausendwende geschrieben

Der COUNTDOWN 2000 läuft. Was gibt’s da zu tun, wenn wir wirklich dabei sein wollen? Die älteste Agentur der Apokalypse weiß hier wie immer Bescheid. Besucher Roms werden im Hl. Jahr 2000 erstmals offizielle Millennium-Menüs genießen können, die der nicht minder offizielle Segen des Papstes kulinarisch macht. Weihwasser-Suppe?

Mitnichten. Roberto Carosi, Vorsitzender der Jahr 2000 Organisation, hat diverse Vorschläge in der Zeitung La Republica vorgestellt: Rinder-Medaillions a la Kardinal, Pilze "Sixtinische Kapelle", Pilger Pudding - dazu ein trockener Frascati aus der Region Castelgandolfo, wo der Papst im Sommer campiert. Wie wäre es weiterhin mit St. Petersilie an St. Paulusschnecken, Jesusherzchen in Rahmsauce, Omelette Offenbarung a la St. John, Eisbombe "Apocalypse now", Schokohostien mit Erleuchtungsgeschmack? Schon 400 römische Restaurants haben mitgeteilt, dass sie dieses heilige Menü den Touristen zu fairen Preisen anbieten wollen. Vierteiliges Abendmahl, dreizehn Silberlinge incl. Mwst. "Hauptsache ist", so Carosi, "die Menschen haben ein kalorienreiches Essen; es wäre schlimm, wenn viele Besucher die Strapazen der Reise auf Grund mangelnder Ernährung nicht durchstehen können. Ja, das wäre schlimm, wenn der Glaube am leeren Magen zugrundegeht. Die Zeiten der Selbstgeißler sind lange vorbei, der moderne Pilger ist Gourmet. "Die Leute sollen nicht auf preiswertere Fastfood-Kost angewiesen sein, da dies sehr einseitiges Essen ist.", sagt Carosi. Also heiliges und nicht eiliges Essen, weil nicht nur die Liebe, sondern auch der Glaube eben durch den Magen geht.

Andererseits kann McDonalds, die Zentrale hastig verzehrter Vollwertkost, das nicht auf sich sitzen lassen. Gebt uns den Mac Millennium oder den Jahr 2000 Tripleburger. Passionsfruchtwochen bei Ronald McDonald mit Lacrimae Christi. Gerade Fastfood wäre die wahre Speisung des rasenden Zeitgenossen, der rechtzeitig zum Jahrtausendwechsel in Santiago de Compostela eintreffen möchte. Dieser Weg hieß bisher Milchstraße - demnächst millenaristisch Milkshake-Highway? Warum sollte die Kurie sich in ihrer Missionierung der hungrigen Seelen nicht von Burgerimperien unter die Stola greifen lassen? Das neue Testament weiß zwar von der Speisung der - verschiedenen Schätzungen zufolge - ca. 5000 Bergpredigthörer zu berichten, aber das ist läppisch gegen die 10 Millionen Gläubigen, die zum Jahr 2000 in Rom erwartet werden. Der Vatikan klagt, dass die Verpflegung und der Transport dieser Pilgerfluten Organisatoren erhebliche Kopfschmerzen bereiten. Aber was sind schon Kopfschmerzen gegen Bauchschmerzen, wenn die Gläubigen des neuen Jahrtausends zu viel Pilger-Pudding vertilgt haben? Jahr 2000 Kohletabletten, Aspirin 2000, Agiolax 2000 müssen her - sonst hilft nur noch Beten.

Bis zum Jahrtausendwechsel sind jedenfalls noch erhebliche Infrastruktur-Probleme zu lösen, heißt es aus dem Vatikan. In der Tat scheint es doch so, als sei die Kirche des nächsten Jahrtausends vornehmlich nur noch ein Infrastrukturproblem - aber Wunder gibt es ja dem deutschen Schlager zufolge immer wieder. Warum also nicht auch im nächsten Jahrtausend?

Goedart Palm

 

 

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Copyright. Dr. Goedart Palm 1998 - Stand: 05. Juni 2018.